Es war ein kalter Spätwintermorgen, als wir sie zum ersten Mal entdeckten: zwei zerzauste Gestalten, die sich in unserem kleinen Schrebergarten verkrochen hatten. Ein Fuchspärchen, ausgemergelt und stark von der Räude gezeichnet, suchte Zuflucht vor der Kälte. Auf unserer alten Sitzlounge hatten sie etwas altes Laub angehäuft und dort machten sie es sich so richtig bequem. Wer hätte gedacht, dass unser bescheidenes Fleckchen Grün in Berlin-Kreuzberg zum Fuchsparadies werden würde?
Operation Fuchsrettung
Unsere tierischen Gäste sahen wahrlich nicht gut aus. Die Räude hatte ihr Fell stark in Mitleidenschaft gezogen, und ihre mageren Körper zeugten von einem harten Winter auf Berlins Straßen. Die Räude, unter der unsere Gäste litten, ist eine häufige Erkrankung bei Füchsen, die durch sog. Grabmilben verursacht wird und unbehandelt tödlich enden kann. Die Parasiten fressen sich unter die Haut der Tiere, bis das Fell ausfällt und schwere Infektionen auftreten. Es war herzzerreißend zu sehen, wie sich die Tierchen aufgrund des starken Juckreizes blutig kratzten. Also beschlossen wir, diesen beiden Stadtfüchsen unter die Pfoten zu greifen.
Der Weg zur „Fuchsapotheke“
Dafür galt es erst einmal zu recherchieren welches Medikament helfen würde.
Die Behandlung der Sarcoptes-Räude bei Füchsen ist mit verschiedenen Medikamenten möglich, darunter Simparica, Bravecto, Fluralaner oder Afoxolaner, die man entweder aufträgt oder als Kautabletten verabreicht. Da die Füchse zu scheu waren und ein Einfangen stressig und kontraproduktiv sein kann, kam für uns nur die kulinarische Behandlung infrage. Diese kann je nach Medikament zwischen wenigen Tagen bis zu vier Wochen dauern, wobei die Symptome oft erst spät gelindert werden.
Hilfe bot hier Mareike von der Fuchspflegestelle Berlin Brandenburg. Das sind ehrenamtlich engagierte Menschen, die sich für Füchse in Not einsetzen. Sie versorgte uns mit wertvollen Informationen und hätte uns sogar ein Medikament besorgt. Dieses erhielten wir jedoch auch im Tiermedizinversandhandel. Nicht ganz billig, aber das war es uns wert.
Kulinarische Herausforderungen
Zurück im Garten stellten wir fest: Füchse sind anspruchsvolle Gourmets! Die Tabletten, obwohl angeblich mit Rindfleischgeschmack, rührten sie nicht einmal mit der Pfote an. Also hieß es: kreativ werden! Mit Mörser und Stampfer bewaffnet, zerkleinerten wir die Medizin zu Pulver und mischten es unter saftiges Hackfleisch. Et voilà – die Fuchsapotheke wurde zur Fuchsküche!
Herr und Frau Fuchs: Zwei Charaktere, zwei Strategien
Unser Fuchsmann zeigte sich als ungeduldiger Genießer. Kaum hatten wir die Hackbällchen platziert, stürzte er sich darauf, als gäbe es kein Morgen. Seine Partnerin hingegen bewies weibliche Weitsicht:
Statt die leckere Mahlzeit sofort zu verschlingen, grub sie das Hackbällchen kurzerhand in unserem Hochbeet ein. Vorratshaltung à la Fuchs – wer weiß, wann die nächste Mahlzeit kommt?
Stadtfüchse: Unsere wilden Nachbarn
Während wir mehr über unsere pelzigen Patienten erfuhren und sie pflegten, lernten wir einiges über diese faszinierenden Tiere:
Füchse sind wahre Überlebenskünstler in der Großstadt. Sie ernähren sich von allem, was die Stadt hergibt – von Mäusen über Fallobst bis hin zu Pizzaresten. Im Park im Gleisdreieck auch sehr gerne von der Kaninchen-Überbevölkerung.
In Berlin leben schätzungsweise 3.000 bis 4.000 Füchse – das sind mehr Füchse pro Quadratkilometer als im Wald!
Stadtfüchse sind oft zutraulicher als ihre ländlichen Verwandten, bleiben aber wilde Tiere und sollten nicht gefüttert oder als Haustiere gehalten werden.
Happy End im Fuchsbau
Mit der Zeit und dank unserer medizinischen Hackbällchen erholten sich unsere pelzigen Freunde zusehends. Ihr Fell wurde dichter und glänzender, ihre Augen klarer, und ihre Bewegungen wieder geschmeidiger.
Und von nun an besuchten sie uns und auch unsere Nachbar*innen regelmäßig. Wenn wir im Garten sitzen, schlurfen sie seelenruhig an uns vorbei. Manchmal huscht auch nur ein roter Schatten durchs Gebüsch. Dann wissen wir: Unsere Fuchsfreunde haben uns nicht vergessen.
Unser kleiner Schrebergarten mag für uns ein Ort der Erholung sein, für zwei Füchse war er ein Ort der Rettung. Und wer weiß – vielleicht finden wir ja eines Tages kleine Fuchswelpen in unserem Hochbeet. Schließlich wissen Füchse jetzt, dass hier nicht nur leckere Hackbällchen, sondern auch hilfsbereite Menschen zu finden sind.
(text & fotos sms)